Kindheit 70 x 100

Kindheit
In staubigen Boxen, auf Dachböden, oder in dunklen Kellern vergraben, liegt unsere Kindheit.
Hin und wieder ruft sie unseren Namen. Es ist nie mehr, als ein Echo in unserem Kopf, oder ein Geruch, der uns plötzlich in der Nase liegt und an früher erinnert. Nichtsdestotrotz begeben wir uns jedes Mal auf die Suche.
Auf unserem Weg zu ihr zurück müssen wir uns durch Rechnungen, Kontoauszüge und die Lasten des Erwachsenseins kämpfen. Doch dann liegt sie vor uns, welche Form sie auch immer annimmt:
Das Kuscheltier, das neben uns im Bett lag, seit wir denken konnten, bis wir irgendwann entschieden haben, dass wir zu erwachsen dafür sind. Der Geruch unserer Jugendträume hängt noch immer daran. Das Flüstern unserer nächtlichen Geheimnisse ist mit ihm verwachsen.
Das Freundebuch aus dem Kindergarten, gefüllt mit Namen und Gesichtern, die wir nicht mehr kennen. Trotzdem hat jeder einzelne seinen Platz darin verdient, denn wir haben einmal zusammen gebastelt, zusammen Plätzchen gebacken, zusammen fangen gespielt. Wir haben zumindest eine schöne Erinnerung zusammen geschaffen. Ein Blick auf die Seiten genügt, um sie zwischen der unbeholfenen Kinderschrift herauszufischen.
Das bestickte Taschentuch unserer Großmutter. Anstelle ihrer Initialen hätte sie auch ihre Weisheiten in den Stoff sticken können, so klar tönt ihre Stimme wieder in unseren Köpfen.
Gerahmte Bilder. Jedes einzelne erzählt eine Geschichte, die sich fast in unseren Erinnerungen verloren hätte.
Und dort sitzen wir. Zwischen staubigen Boxen, auf Dachböden, oder in dunklen Kellern vergraben und erleben unsere Kindheit noch ein weiteres Mal.
Wir schließen unsere Augen, drücken das Stofftier an die Brust, oder halten das Taschentuch in der Hand und spüren, wie unser Herz leicht wird. Noch ein weiteres Mal hören wir die Stimmen unserer Eltern, riechen den Kuchen unserer Großmutter, den Tabak unseres Großvaters, spüren das Gras unter unseren nackten Füßen und erinnern uns an die all Träume und all die Tränen, an all das Lachen und all das Lernen. Noch ein weiteres Mal werden wir zu den Kindern, die wir einst waren. Sei es nur für einen Augenblick.
Wenn wir die staubigen Boxen, die Dachböden, oder die dunklen Keller hinter uns zurücklassen, ist unser Herz gefüllt mit neuen alten Geschichten. Vielleicht nehmen wir sogar ein Bild heraus, oder legen uns das Stofftier wieder ans Bett, aber auf jeden Fall wissen wir, dass unsere Kindheit auf uns wartet. Für unseren Besuch bedankt sie sich immer mit einer schönen Erinnerung. Keiner kann uns das wegnehmen.
Geschrieben und gelesen von Lara Robbie